Das Rennen 3. Teil

Das Rennen 3. Teil

Das Rennen 3. Teil

Date/Time: Zeit: 7. Dez. 2018 15:00
Location: Windhoek, Einstellhalle Shopping Mall
Weather Condition: Wolkenlos, Heiss, extrem windig.

Zusammen mit anderen Verrückten warte ich sehnlichst darauf, dass es endlich losgeht. Die Anspannung ist fast unerträglich, fast schlimmer als der Gedanke, auf was ich mich da eigentlich eingelassen habe. Aber es ist ja alles freiwillig, rede ich mir ein und das nicht das letzte Mal in den nächsten knapp 19 Stunden.

Endlich geht es los! Kaum haben wir die Einstellhalle verlassen, bläst uns schon der Wind mit voller Wucht entgegen. Nicht unbedingt die Bedingungen, die man sich für ein solches Rennen wünscht. Doch die Stimmung ist dank der vielen Zuschauern locker, im Feld wird viel gesprochen und (noch) gelacht. Den ersten Pass auf über 2000m bewältige ich, trotz starkem Gegenwind, wie ich mir das vorgestellt habe.

Das Desert Dash Rennen ist in 6 Abschnitte unterteilt. Nach dem 3. Abschnitt, etwa bei Rennhälfte, treffe ich auf meine Frau, welche mich während dem Rennen supportet. Die beiden ersten Abschnitte absolvierte ich noch locker, genau so wie ich es mir vorgenommen hatte. Der 3. Abschnitt, der hat es dann aber in sich. Eine richtige Achterbahn mit kurzen, aber heftigen Auf- und Abstiegen; auch eine Achterbahn der Gefühle…

Zurückschalten, kleinster Gang: Anstieg. Was tuts Du überhaupt hier, grandiose Landschaft… Hochschalten, grösste Gang: Abfahrt. Halten die Bremsen, hast Du den Lenker genug fest im Griff…
Zurückschalten, kleinster Gang: die Abendstimmung ist grandios, wie schaut es wohl zu Hause aus…
Ach ja, hochschalten: Die Staubwolke im Gegenlicht gäbe ein schönes Fotomotiv…
Schon wieder zurückschalten: Hast Du genug trainiert, reichen Deine Kräfte hast Du Dich nicht überschätzt….

So geht das über Stunden, rauf und runter, Du hast jede Zeit der Welt, über Dinge nachzudenken, wofür Du dir nie die Zeit nehmen würdest. Insofern ist so ein Rennen eine wahre mentale Bereicherung, wäre da nicht der Körper, der irgendwann mal zu rebellieren beginnt: Hör endlich auf ich kann nicht mehr, ich brauch zu Trinken und zu Essen. Der Kopf aber sagt: Schnauze, Du magst noch lange, du bist ein Weichei. Ich trinke und versuche auch zu essen, was aber nicht so richtig gelingt.

Mitten in der Nacht, nach 9,5 Stunden dann endlich der erhoffte Zwischenstopp nach 180km. Wie habe ich mich gefreut, meine Frau zu sehen und kurz den Sattel mit einer Holzbank zu tauschen. Der Körper, resp. der Magen ist immer noch im Streik und findet, dass ich endlich abbrechen soll. Der Kopf aber, der will weiter, die Beine sind doch noch toll im Schuss.

So nehme ich die 4. Etappe in Angriff von welcher ich weiss, dass dies ein «Flachetappe» ist.

Wundersamerweise beendet der Körper irgendwann seinen Streik (Coca Cola sei Dank) und ich kann in der Dunkelheit wieder einigermassen normal fahren. Das Duell Kopf gegen Körper ist stetig präsent, so melden sich immer weitere Körperteile zu Wort. Ausser den Zähnen und Haaren sind alle an der Rebellion beteiligt. Der Kopf aber stellt immer noch auf stur und ignorierte alle Körpersignale. Nach 320 km, bei Tagesanbruch realisiert auch der Kopf, was da noch auf ihn zukommt. Jetzt wird es richtig hart. Das fiese ist, dass die letzten 50 km die härtesten des ganzen Rennens, mit kräfteraubenden Sandpassagen, vielen Auf und Ab’s, sind. Es ist die Hölle.

Der Kopf zählt die Kilometer runter, einen nach dem anderen, ganze 53km, die letzten 10km, die letzten 100 Meter.
Dann endlich die Zieleinfahrt in Sichtweite, nach 18 Stunden und 50 Minuten, einfach unbeschreiblich. Ich habe es geschafft.

Dankbar steige ich vom Sattel. Der Speaker fragt mich, ob ich nächstes Jahr wieder dabei sein werde. Mein Kopf und mein Körper bilden jetzt aber eine klare Allianz und zwingen mich, mit NEIN zu antworten.

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